Der Amazon-Marketplace ist für viele Online-Händler eine wichtige – für einige die einzige – Plattform zum Vertrieb ihrer Waren im Internet. Unter den Marktplätzen in Deutschland ist Amazon zwischenzeitlich Marktführer und hat eBay, Rakuten & Co. weit hinter sich gelassen.
Die Vorteile des eCommerce über den Amazon-Marketplace liegen auf der Hand. Das Erstellen von Angeboten ist kinderleicht und geht schnell – am besten durch das Anhängen an bereits bestehende Angebote. Daneben bietet Amazon eine Reihe von wertvollen Services über Zahlungsabwicklung bis hin zu Lagerung und Versand an.
Ausschlaggebend dürfte jedoch sein, dass die Teilnahme am Amazon-Marketplace aufgrund der Marktmacht von Amazon vor allem für kleinere Händler eigentlich zwingend ist. 2016 dürfte Amazon einen Marktanteil von 30% am gesamten Online-Handelsumsatz erreicht haben. Gleichzeitig besetzt Amazon die wichtigsten und besten Werbeumfelder. Für viele Händler gilt deswegen, ohne Amazon keine oder kaum Umsätze.
Doch die Teilnahme am Amazon-Marketplace bringt nicht nur Vorteile. Die Gebühren sind hoch, der Preisdruck unter den konkurrierenden Angeboten extrem. Und zu allem Übel birgt der Marketplace für Händler eine Vielzahl von rechtlichen Fallstricken, deren Nichtbeachtung das Risiko kostenpflichtiger Abmahnungen – der Geißel des deutschen Online-Handels – mit sich bringt.
Dabei ist den meisten Online-Händlern heute bekannt, dass beim Verkauf im Internet eine Vielzahl an gesetzlichen Vorgaben zu beachten sind, deren Einhaltung schon anspruchsvoll genug ist. Dass aber im System des Marketplace zusätzliche, eigene Tücken angelegt sind, müssen derzeit viele Händler schmerzlich – im Wege kostenpflichtiger Abmahnungen – erfahren.
Das Grundproblem des Amazon-Marketplace ist, dass eine rechtskonforme Gestaltung von Angeboten im Grunde kaum möglich ist. Die Ursachen dafür liegen zum Teil im allgemeinen Aufbau des Marketplace, teilweise ist Amazon aber schlicht (aus wirtschaftlichen Gründen) nicht daran interessiert, den Händlern eine rechtssichere Gestaltung zu ermöglichen bzw. diesen zu helfen.
Gefahr durch Anhängen
Die wohl größte (Abmahn-)Gefahr ist im System des sogenannten Anhängens begründet. In der Regel ist es so, dass bereits für jedes Produkt eine Produktbeschreibung bei Amazon (ASIN) existiert, die auch durch alle Händler gleichzeitig genutzt werden kann bzw. soll. Auf den ersten Blick erscheint das Anhängen an andere Produktseiten vorteilhaft, da keine eigene Produktseite erstellt werden muss. Vorhandene Beschreibungen und Fotos können (mit-)genutzt werden und müssen nicht umständlich neu erstellt werden. Damit soll dem Käufer die Möglichkeit gegeben werden, alle Angebote eines Produkts mit einem Blick vergleichen zu können.
Rechtlich birgt diese Praxis jedoch Gefahren. Wenn nämlich die vorhandene Produktseite rechtliche Fehler enthält, haftet hierfür jeder Händler, der diese Produktseite nutzt, selbst wenn er die rechtswidrigen Inhalte nicht selbst erstellt hat. Solche Fehler können sein fehlende Grundpreisangaben, fehlende Garantiebedingungen, fehlerhafte Produktbeschreibung, unlizenzierte Produktfotos, falsche UVP und noch viele mehr.
War die Rechtsprechung einige Jahre noch uneinig, ob bzw. in welchem Umfang Händler für Fehler gerade zu stehen haben, die sie selbst nicht produziert haben, besteht seit der Grundentscheidung des BGH (Urteil vom 03.03.2016 (Az.: I ZR 110/15)) Klarheit, dass Marketplace-Händler für Fehler im Produktangebot stets haften und verpflichtet sind, regelmäßige Kontrollen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Angebote auch nicht nachträglich rechtswidrig verändert werden.
D. h. im Klartext, ein Händler haftet für Fehler in dem Produktangebot auch dann, wenn er sie selbst nicht angelegt hat. Er ist auch verpflichtet, die Angebote regelmäßig zu kontrollieren.
Wie ein Händler mit einem Produktangebot von mehreren hundert oder gar tausend Artikeln dies bewerkstelligen soll oder kann, lässt die Rechtsprechung offen. Jüngst hat das OLG Köln (Beschluss vom 15.03.2017, Aktenzeichen 6 W 31/17) in diesem Zusammenhang noch klargestellt, dass zumindest am Wochenende eine Kontrolle nicht erforderlich ist, sondern die werktägliche (!) Kontrolle ausreicht.
Haftung für Amazons Fehler
Damit nicht genug gibt es beim Handel über den Amazon Marketplace noch weitere spezifische Haftungsrisiken zu beachten. So ist es bereits kompliziert genug, das Produktangebot rechtskonform zu gestalten und alle gesetzlichen Pflichtangaben wie Anbieterkennzeichnung, AGB und Widerrufsbelehrung richtig einzubinden. Schließlich haften die Marketplace-Händler auch dann, wenn Amazon (oder Amazons Affiliates) das Produkt in wettbewerbswidrigen Werbeanzeigen anbieten.
Der Handel über den Amazon-Marketplace ist also ein rechtliches Tretminenfeld. Ein Verzicht auf die Teilnahme beim Marketplace ist für viele Händler trotzdem keine Alternative. Für sie gilt daher, das Angebot so rechtskonform, wie nur möglich zu gestalten, um die Haftungsrisiken auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. In unserem Blog informieren wir regelmäßig über die aktuelle Entwicklung und die jüngsten Urteile zum Amazon-Marketplace.